Weiß und schwarz - Klösterreich
 

Weiß und schwarz

Veröffentlicht von waltergrafik am

Per­sön­lich

Weiß und schwarz

Seit mehr als 900 Jah­ren ist Stift Rei­chers­berg am Inn die Hei­mat der Augus­ti­ner-Chor­her­ren und ein geist­li­ches und kul­tu­rel­les Zentrum.

Eines der ers­ten Din­ge, die einem an einem Augus­ti­ner-Chor­her­ren auf­fal­len, ist das schma­le wei­ße Band, das über dem schwar­zen Talar getra­gen wird. „Das ist kei­ne ver­un­glück­te Kra­wat­te“, lacht Herr Andre­as, der die Gäs­te, die immer per­sön­lich von einem Chor­herrn durch Stift Rei­chers­berg geführt wer­den, im hin­te­ren Bereich der Stifts­kir­che nach oben bli­cken lässt. Auf dem in zar­ten Far­ben gehal­te­nen Decken­fres­ko des Münch­ner Hof­ma­lers Chris­ti­an Wink kniet im Vor­der­grund eine Per­son in schwar­zer Tracht und wei­ßem Chor­hemd auf einer Trep­pe. Etwas wei­ter hin­ter sieht man Figu­ren ste­hen, die die glei­che Klei­dung kom­plett in Weiß tra­gen. Das Gemäl­de weist in die Ver­gan­gen­heit des Stif­tes zurück. Als das 40 Kilo­me­ter inn­auf­wärts von Pas­sau gele­ge­ne Klos­ter 1779 Öster­reich zuge­spro­chen wur­de, ging damit auch der Wech­sel der Talar­far­be ein­her. „In Bay­ern tru­gen die Chor­her­ren ein wei­ßes lei­ner­nes Kleid und dar­über ein wei­ßes ärmel­lo­ses Chor­hemd“, erzählt Propst Mar­kus Grasl. „In Öster­reich trug der Kle­rus schwarz und so änder­te sich die Ordens­tracht, wir Augus­ti­ner-Chor­her­ren haben seit damals einen schwar­zen Talar und dar­über ein wei­ßes Chor­hemd. Irgend­wann hat man das Chor­hemd, das schon ärmel­los war, seit­lich auf­ge­trennt, so dass nur noch zwei brei­te wei­ße Bän­der her­un­ter­hin­gen. Naja, und dann hat man es zu heiß gewa­schen, es ist ein­ge­gan­gen und heu­te ist davon ledig­lich das Saro­zi­um, ein wei­ßes Band übrig­ge­blie­ben. Der letz­te Rest der alten, wei­ßen Ordens­tracht“, erläu­tert der Prä­lat etwas augenzwinkernd.

Geschich­te zum Anschau­en: ein Gemäl­de in der Stifts­kir­che erzählt vom Wech­sel der Talarfarbe.

„Kampf“ vor den Klostermauern
Die Augus­ti­ner-Chor­her­ren leben und wir­ken nach dem Vor­bild des hei­li­gen Augus­ti­nus und sind vor allem in der Pfarr­seel­sor­ge tätig. „Im Gegen­satz zu Mön­chen ‚kämp­fen‘ wir vor den Klos­ter­mau­ern, haben nur drei­mal täg­lich ein Chor­ge­bet und ste­hen erst um 6.30 Uhr auf, das ist auch noch früh genug“, so Herr Andre­as. Als Pries­ter­ge­mein­schaft ist für die Chor­her­ren Stift Rei­chers­berg ihr Zuhau­se, in dem sie aus dem Mit- und Für­ein­an­der ihre Kraft für die Arbeit als Seel­sor­ger zie­hen. Auf der Füh­rung durch das 1084 gegrün­de­te und nach einem ver­her­ren­den Brand im 17. Jahr­hun­dert als baro­cker Bau wie­der­errich­te­te Klos­ter ent­de­cken die Gäs­te unter ande­rem den Kon­vent­gang, das Uhren­ka­bi­nett, die Ahnen­ga­le­rie und die Biblio­thek mit ihren 25.000 Bän­den. Das für den Erhalt der gro­ßen Anla­ge nöti­ge Kapi­tal erwirt­schaf­ten die Chor­her­ren vor allem durch Land- und Forst­wirt­schaft, den Wein­bau sowie durch die Ein­nah­men des Klos­ter­la­dens, des Stifts­bräu­st­über­ls, des Gäs­te­be­trie­bes und des Bil­dungs­zen­trums. „Wir ver­su­chen zu restau­rie­ren, was geht. Der­zeit gibt es auch eine Samm­lung zuguns­ten der Gewöl­be- und Dach­sa­nie­rung unse­rer Stifts­kir­che“, betont Herr Andre­as, „alles Ande­re wie bei­spiels­wei­se unser frü­he­rer Mei­er­hof ist lei­der dem Ver­fall preisgegeben.“