Schöpfungsverantwortung leben
Veröffentlicht von waltergrafik am
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Schöpfungsverantwortung leben
Mag. Pater Marian Kollmann steht Stift St. Paul seit 2020 als Prior-Administrator vor. Nachhaltige Bewirtschaftung, Bio-Landwirtschaft und die spirituelle Ausstrahlung sind ihm besonders wichtig.
Es kann vorkommen, dass man Pater Marian im Arkadengang des Klosters in T‑Shirt, kurzer Hose und mit einem Eimer in der Hand antrifft. Dessen Inhalt erklärt seine Kleidung: „Ich war gerade bei den Hennen und habe Eier eingesammelt.“ Natur und Landwirtschaft liegen dem 41-Jährigen im Blut. Als Jugendlicher plante er, den Bergbauernhof seiner Oma zu übernehmen und machte in der Gartenbauschule das Abitur. Doch eine TV-Serie und eine zufällige Begegnung brachten die entscheidende Wendung in seinem Leben. „Als Kind war ich kirchlich nicht sozialisiert. Eine Folge von ‚Alle meiner Töchter‘, in der der Hauptdarsteller für 14 Tage ins Kloster geht, um auszuspannen, faszinierte mich und machte mich so neugierig, dass ich im Bus in Klagenfurt eine Ordensschwester ansprach.“ Sie lud ihn ein, sich ihr Kloster anzusehen und nach und nach lernte der junge Kärntner diesen Lebensentwurf kennen und für sich selbst schätzen.
Realität und TV-Klischee
„In Fernsehserien und Filmen ist das Klosterleben meist überzeichnet, es ist wesentlich weniger romantisch als es dargestellt wird. Wir sind alle abhängig von den Bildern, die wir im Kopf haben, davon muss man sich frei machen, das ist auch ein wichtiger Punkt bei unseren Novizen. Im Kloster leben ganz normale Menschen mit all ihren Konflikten und Problemen, man darf sich keine Scheinwelt aufbauen, sonst wird man enttäuscht.“ Mit dem Vorurteil, dass man der Welt Lebewohl sage, wenn man ins Kloster eintritt, räumt Pater Marian ebenfalls auf. „Das Mönchtum, unser klösterliches Gemeinschaftsleben steht zwar im Vordergrund, aber wir sind durch unsere Pfarren, die Schule, unsere Betriebe und die Tätigkeit mit unseren Gästen so eingebunden und haben sehr viel Kontakt zu den Menschen, für die wir einfach da sind, wenn sie uns brauchen.“
Naturverbundenheit
Dass das Stift St. Paul seinen Platz als spiritueller Ort mit großer Ausstrahlungskraft behauptet, ist dem Prior-Administrator ebenso wichtig, wie die Erdung jedes einzelnen Mönchs. „Wer in den Himmel will, muss mit beiden Beinen auf der Erde stehen“, betont Pater Marian, der einmal im Monat zehn Laibe Brot für den Konvent und Gäste bäckt. Um vor allem den jungen Mitbrüdern die Natur näherzubringen, hat er eigene Tiere angeschafft. Neben den Hühnern und Bienen bewohnen drei Esel und Brillenschafe, eine alte Schafrasse aus dem Bodental, der Heimat von Pater Marian, den Stiftshügel. „Sie werden von den Brüdern betreut, die sich auch mal die Hände beim Ausmisten schmutzig machen. Für Mönche ist die Schöpfung wesentlich und wir sind für sie verantwortlich.“ Auch Gäste des Stiftes St. Paul profitieren davon. „Wenn jemand beispielsweise für ‚Tage der Stille‘ zu uns kommt, dann gehe ich gerne mit den Teilnehmenden zu den Tieren. Sie bringen die Gäste sehr leicht in die Ruhe. Bei Tieren muss man sich anpassen, auf sie eingehen, das tut den Menschen sehr gut.“
Der Stiftshügel, auf dem St. Paul thront, ist bio-zertifiziert, alte Obstbaumsorten, die ein Pater vor einem halben Jahrhundert gepflanzt hat, gedeihen hier. Aus ihren Früchten destilliert Pater Nikolaus edle Brände, Schnäpse, Rum und Gin. Als Partner von Genussland Kärnten und Slow Food wollen die Benediktiner damit Akzente im Bereich der Nachhaltigkeit setzen. „Wir versuchen auch, unsere Wälder klimafitter zu machen und setzen auf nachhaltige Aufforstungsprojekte, dabei sind wir österreichweit ganz vorne.“
„Wer in den Himmel will, muss mit beiden Beinen auf der Erde stehen.“
SANKT PAUL ENTDECKEN
Wer im Barockgarten von Stift St. Paul ist und immer seiner Nase folgt, gelangt unwillkürlich in das Reich von Frater Cyprian. Ein paar Stufen hoch zur ersten Etage des kleinen Gebäudes und eine Wolke des Wohlgeruchs hüllt die Gäste ein.
Dunkle Regale, gefüllt mit Gläsern und Flaschen mit geheimnisvollem Inhalt, Dutzende Schubfächer sauber beschriftet und von der Decke hängende Kräuterbüschel – in der Naturwerkstatt stellt der junge Benediktiner Räuchermischungen und Naturkosmetik her. Besucherinnen und Besucher können die Produkte erschnuppern und erwerben und bei Räucher-Workshops auch tiefer in die Materie eintauchen. „Die Kurse sind für drei bis maximal zehn Leute auf Voranmeldung“, erzählt Frater Cyprian. „Wer gehen zunächst in den Kräutergarten, in dem wir absichtlich auf die Beschilderung verzichten. So entdecken die Teilnehmenden die Pflanzen viel genauer und beschäftigen sich intensiver damit.“ Zurück in seiner Naturwerkstatt erläutert Frater Cyprian die spirituellen Hintergründe des Räucherns, der Opfergabe, gibt Tipps aus der Praxis und zum idealen Zeitpunkt. Gerne öffnet der Mönch mit dem langen Bart dann einige seiner unzähligen Gläser und lässt die Gäste an den verschiedenen Harzen riechen. „Nur ganz wenige Menschen wissen im Grunde, wie echter Weihrauch duftet. Dieser ist ganz anders als das, was man üblicherweise als Weihrauch im Handel geboten bekommt.“ Bei Frater Cyprian kann man die Räuchermischungen und Harze grammweise kaufen – direkt in der Naturwerkstatt oder an seinem Stand auf Klostermärkten. Und wer den Räucher-Workshop bucht, kann seine eigene Lieblingsmischung zusammenstellen und mit nach Hause nehmen.
Frater Cyprian, Tel. +43 676/ 87725105