Heaven’s Angels
Veröffentlicht von waltergrafik am
Persönlich
Heaven’s Angels
Mehr als 200 schwere Maschinen und Menschen
im Lederdress kommen jedes Jahr im April
zum Gottesdienst ins Stift Reichersberg.
Die Bikerwallfahrt zeigt, dass Motorenlärm und Glockenläuten, Benzingeruch und Beten keine Gegensätze sein müssen.
Get your motor runnin‘, head out on the highway, looking for adventure, in whatever comes our way …” – der Hard-Rock-Song “Born to be wild” von Steppenwolf zerreißt die bis eben noch friedliche Stille im Innenhof des Klosters. Es ist ein Sonntagmorgen Ende April, die bunten Tulpen in den Beeten wiegen sich im sanften Wind, die Amseln zwitschern ihre Frühlingsgesänge. Doch mit einem Mal ist alles anders – die Vorbereitungen für die Bikerwallfahrt laufen auf Hochtouren. Schlagzeuger und Gitarrist testen die Mikrofone, Tische mit Kaffee und Verpflegung werden aufgebaut, Feuerwehrleute weisen die Ankömmlinge ein. Und nach und nach knattern die Motorräder durch das Stiftstor. Schwere Maschinen, Chopper, Bikes mit Beiwagen, Oldtimer – alle blitzblank herausgeputzt, viele mit Maskottchen am Heck – drehen dirigiert vom Lotsendienst eine Runde im Stiftshof, um dann in Reih und Glied rund um das Grün einzuparken. Bald ist der Stiftshof voller in der Sonne glänzender Bikes, manche stehen bereits in der zweiten und dritten Reihe. Ihre Besitzerinnen und Besitzer machen ebenfalls die Runde, Maschinen werden begutachtet, Fotos gemacht, Freunde begrüßt. Der Auftakt eines fröhlichen Treffens.
Dann dreht auch Propst Markus die Runde im Stiftshof … und weiht die Maschinen. Und die Biker-Hymne startet „Get your motor runnin’, head out on the highway, looking for adventure, in whatever comes our way …
Born to be wild.“
Gemeinsames Erlebnis
Seit mehr als zwei Jahrzehnten laden die Augustiner-Chorherren zur Innviertler Bikerwallfahrt mit Festgottesdienst und Segnung der Motorräder – und Biker aus Nah und Fern lenken ihre heißen Öfen ins Stift Reichersberg am Inn. „So geil, dass so viele heute gekommen sind“, begrüßt Propst Markus Grasl nach dem ersten Lied
die Gäste. „Es ist wichtig, dass wir als Glaubende Gemeinschaft erleben. Der Glaube kennt immer Zweifel und Unsicherheit, das ist bei allem so, beispielsweise auch in der Liebe. Gerade deshalb ist es entscheidend, dass der Glaube des anderen einen mitträgt. Und daher ist es so wesentlich, dass wir zusammenkommen und noch besser, wenn wir etwas miteinander erleben.“
Gänsehaut-Momente
Die folgende knappe Stunde ist reich an intensiven Eindrücken und Gänsehaut-Momenten. Kurze Lesungen und Gebete wechseln sich mit Liedern, die Chor und Musiker anstimmen, ab. Gemeinsam spricht man das Glaubensbekenntnis und bittet darum, dass alle Reisenden glücklich an ihr Ziel und wieder nach Hause gelangen, dass Führerschein-Neulinge die neu gewonnene Mobilität und Freiheit verantwortungsvoll nutzen und dass die Straßen- und Pannenhelfer bei ihrer oft gefährlichen Arbeit keinen Schaden nehmen. Bei Songs wie „Kumbayah, my Lord, kumbayah“ und „Hallelujah“ nehmen sich Paare in Motorradkluft in den Arm, wer etwas weiter hinten steht, sieht die in teils martialisch wirkenden Lederwesten steckenden Rücken vor sich mitschunkeln.
Motorräder segnen
Um die Erinnerung an dieses gemeinsame Erlebnis zu bewahren, werden kleine Plaketten mit dem Bild des Klosters und dem Schriftzug Bikerwallfahrt Stift Reichersberg verteilt. „Pickt Euch die auf’s Motorrad, auf den Führerschein, auf’s Hirn, wo immer man’s braucht“, fordert Propst Markus Grasl die Biker launig auf, bevor er den Segen spricht. „Herr und Gott wir rufen zu Dir. Segne diese Motorräder, deren wir uns auf vielfältige Weise bedienen. Beschütze alle Menschen, die sie in Beruf und Freizeit benützen vor Unglück und Schaden. Hilf uns, dass wir sie stets in rechter Weise gebrauchen. Leite uns an, dass wir im Straßenverkehr verantwortungsbewusst bleiben, mach uns rücksichtsvoll und hilfsbereit.“ Dann dreht auch Propst Markus die Runde im Stiftshof – vorbei an allen Motorrädern und ihren Bikern und weiht die Maschinen. Und die Biker- Hymne startet „Get your motor runnin‘, head out on the highway, looking for adventure, in whatever comes our way … Born to be wild.“
Man merkt, dass die Chorherren Zugang zur Welt und zum ganz normalen Leben haben.
Inge und Erich Brandstätter aus Haid mit Gerald Pusch aus Traun
„Der jährliche Segen gehört für uns dazu. 2019 waren wir zum ersten Mal bei der Bikerwallfahrt im Stift Reichersberg, die Atmosphäre ist etwas Besonderes, die Mauern des Klosters atmen Geschichte. Da bekommt das Ganze einen ganz anderen Wert. Und der Herr Propst ist ein voll Lustiger, er hat uns sofort wiedererkannt und gegrüßt. Mit ihm kann man Spaß haben. Wir haben es so eingerichtet, dass wir schon am Vortag eine schöne Tour gefahren sind und dann im Stift Reichersberg gut zu Abend gegessen haben und übernachteten. Es ist ein schöner Ort. Ich bin früher sehr gerne und regelmäßig in die Kirche gegangen, aber in der Gemeinde meines Mannes habe ich leider nicht so den Anschluss gefunden. Deshalb genieße ich es hier umso mehr.“
Franz Öhlinger aus Antiesenhofen
„Ich bin sicher schon zum zehnten oder zwölften Mal hier. Früher bin ich sehr viel mit dem Motorrad unterwegs gewesen und habe die Bikerwallfahrt besucht, um gut durch die Saison zu kommen. Man trifft hier viele bekannte Motorradfahrer, die man sonst nicht sieht, und auch einige Arbeitskollegen. Ich muss einfach vorbeischauen.“
Horst Matschiner, Robert Guder, Hans Anetzberger, Helmut und Veronika Weingärtner aus Passau – die Archangelos
Im Schatten Deiner Flügel – der Psalm und gezeichnete Engelsflügel schmücken die Jacken der Archangelos. Die Biker-Gruppe aus Passau kommt, wann immer es geht, zur Bikerwallfahrt ins Stift Reichersberg. „Das ist unser Startpunkt in die Saison und zum Abschluss im September fahren wir nach Altötting, das sind so die Eckpunkte. Die Atmosphäre in Reichersberg ist einfach schön, der Propst fährt immerhin eine Vespa und zeigt so seine Verbundenheit mit dem Motorradsport. Man merkt, dass die Chorherren Zugang zur Welt und zum ganz normalen Leben haben.“
Leo Rinner und seine sechs Bikerfreunde aus Geinberg
„Wir sind jedes Jahr im Stift Reichersberg, die Atmosphäre bei der Bikerwallfahrt ist ein Traum und Motorräder gehören einmal im Jahr geweiht.“
STIFT REICHERSBERG ENTDECKEN
ÜBERNACHTEN
Im Stift Reichersberg stehen 35 gemütliche Zimmer zur Verfügung, die mit Dusche, WC, Schreibtisch, TV und WLAN ausgestattet sind. Buchungen können mit einem Anfrageformular auf der Website durchgeführt werden.
FÜHRUNGEN
Einzelpersonen können jeden Mittwoch und Sonntag um 15.00 Uhr an einer Führung teilnehmen, die Karten sind im Klosterladen erhältlich.
Gruppenführungen ab 10 Personen sind nach Voranmeldung individuell möglich. Die Gäste werden immer persönlich von einem Chorherrn durch das Stift geführt.
Weitere Infos zum Veranstaltungs- und Kursprogramm siehe
www.stift-reichersberg.at.