Am Puls der Zeit
Veröffentlicht von waltergrafik am
Persönlich
Am Puls der Zeit
Der Facharzt für Handchirurgie Dr. Gerhard Aumann aus Augsburg besucht regelmäßig Stift Schlägl – um Abzuschalten und Aufzutanken.
Abgelegen, am Rand des Böhmerwalds im österreichischen Mühlviertel, liegt seit über 800 Jahren Stift Schlägl. „Ein Ort, an den man nicht jeden Tag kommt“, wie Dr. Gerhard Aumann im Gespräch erzählt. Für ihn hat das Kloster der Prämonstratenser Chorherren eine besondere Bedeutung erlangt. Ist zu einem Ort geworden, den er immer wieder aufsucht. Um Ruhe zu tanken und Kraft zu sammeln. Doch der Reihe nach.
Durch puren Zufall trafen sich Dr. Aumann und der damalige Abt von Stift Schlägl im Jahr 2002. Abt Martin Felhofer kam gerade von der Jagd zurück und beide Männer miteinander ins Gespräch. „Am darauffolgenden Sonntag besuchten meine Frau und ich den Gottesdienst in der Stiftskirche. Herr Alfons, der damalige Prior, zitierte in seiner Predigt aus dem ‚Jedermann‘ von Hugo von Hofmannsthal. Nach dem Treffen mit dem Abt, wurde ich so ein weiteres Mal durch die zugewandte Art positiv überrascht. Ich merkte, dass die Chorherren am Puls der Zeit sind, offen auf die Menschen zugehen und nahm mir vor, Stift Schlägl irgendwann einmal genauer anzusehen.“
Der Augsburger Chirurg ahnte damals noch nicht, dass dies bereits ein halbes Jahr später der Fall sein sollte. Nach einer überstandenen schweren Erkrankung hatte Dr. Aumann das Bedürfnis, sich nach dem Klinikaufenthalt irgendwo zurückzuziehen und abseits von allem auszuruhen. „Es ging mir vor allem um die geistige und seelische Erholung, diese sind nach einem OP-Eingriff ebenso wichtig, wie die körperliche Wiederherstellung.“ So kamen ihm die Prämonstratenser Chorherren wieder in den Sinn und der Rekonvaleszent fragte im Stift Schlägl an.
„Ich fuhr dort relativ unbedarft hin und wurde unglaublich freundlich aufgenommen“, erinnert sich Gerhard Aumann. Er blieb zwei Wochen lang und richtete seine Tage – aus freien Stücken – wie ein Chorherr nach den Gebetszeiten aus: morgens um 6.30 Uhr die Laudes und die Konventmesse, um 12.15 Uhr das Mittagsgebet und abends um 18.00 Uhr die Vesper. Dazwischen unternahm der Gast viele Aktivitäten, die erholsam für ihn waren, wanderte durch die Landschaft des Böhmerwalds, las Bücher oder ruhte sich aus. „Es war sozusagen ein Reha-Aufenthalt für Körper und Seele. Diese Zeit hat mir richtig gutgetan, so sehr, dass ich beschloss, wiederzukommen. Inzwischen zieht es mich jährlich mindestens einmal ins Stift Schlägl.“
Struktur versus Chaos
Neben den guten Gesprächen und der Musikpflege auf hohem Niveau hat Dr. Aumann besonders den gesetzten Rahmen des Tagesablaufs, der vom stets gesungenen Chorgebet geprägt wird, sehr zu schätzen gelernt. Gerade weil er so im Kontrast zu seinem Leben steht. „Als Chirurg kann man den Tag nicht genau vorab planen. Der Operationsbetrieb verläuft zwar meist in geordneten Bahnen. Aber auch hier ist man vor Zwischenfällen nicht verschont. Nicht planbar ist die Versorgung von Unfallverletzten, auf die meine Ambulanz spezialisiert war. Das macht den Alltag oftmals etwas chaotisch und davon kann man sich nicht so schnell frei machen. Die Strukturiertheit des Tagesablaufs, wie ich sie bei den Prämonstratenser Chorherren mit ihrer über 800-jährigen Tradition erlebe, ist sehr beeindruckend für mich. Im Stift komme ich zur Ruhe.“
Sein zweiwöchiger Besuch, den er meist zu Ostern macht, wirkt bei dem mittlerweile pensionierten Arzt lange Zeit nach. Neben einer Vertiefung im religiösen Leben macht sich eine positive Auswirkung auf die ganze Lebensgestaltung bemerkbar. „Ich nehme mir viel zu lesen mit, nutze den Aufenthalt auch bewusst für die Lektüre der Bibel und theologische Gespräche, wofür im weltlichen Getriebe kaum Zeit bleibt. Zurück im Alltag erhält mein Leben einen erheblichen Wertzuwachs.“