Dem Paradies ganz nah - Klösterreich
 

Dem Paradies ganz nah

Veröffentlicht von waltergrafik am

Genuss

Dem Paradies ganz nah

Stift Gött­weig thront über der Wach­au, deren Kli­ma von der Donau beein­flusst wird, und kuli­na­ri­sche Köst­lich­kei­ten wie die Maril­le und den Wein hervorbringt.

Eine leich­te Bri­se fährt durch die Bäu­me und süßer, ver­füh­re­ri­scher Duft kit­zelt die Nase. In das Sum­men der Insek­ten mischt sich hin und wie­der ein sanf­tes Plop­pen. Jetzt ist es so weit. Sobald eine Frucht zu Boden fällt, gilt es, kei­ne Zeit mehr zu ver­lie­ren. Mit­ar­bei­ten­de und Mön­che kom­men in den Gar­ten, aus­ge­rüs­tet mit spitz zulau­fen­den Kör­ben. Jede hel­fen­de Hand ist gefragt. Die rei­fen Maril­len wer­den gepflückt und in den Zis­teln gesam­melt, die durch ihre Form ver­hin­dern, dass das oran­ge-rosa leuch­ten­de Obst Druck­stel­len bekommt. In einem Zelt wer­den die klei­nen Köst­lich­kei­ten sor­tiert – Grö­ße und Qua­li­tät ent­schei­den, zu was sie ver­ar­bei­tet wer­den. Zwei bis drei Wochen lang wird täg­lich geern­tet, je nach Lage im Gar­ten und Baum errei­chen die Maril­len nach und nach ihren opti­ma­len Reifegrad.

„Die Maril­le gibt unse­rem Leben Son­ne und Freu­de und lässt unser Herz höher­schla­gen. Wir bewun­dern ihren Geschmack und freu­en uns an all dem, womit sie unse­ren All­tag ange­nehm und froh macht“, heißt es im Maril­len­ge­bet der Bene­dik­ti­ner von Stift Gött­weig. Das Klos­ter, das 200 Meter über Tal und Donau auf dem Gött­wei­ger Berg thront, besitzt eini­ge Gär­ten, in denen die Ori­gi­nal Wach­au­er Maril­le gedeiht. Einer davon ist der direkt am Stift befind­li­che Nasch­gar­ten, in dem die Frucht, deren Ursprungs­be­zeich­nung durch das EU-Qua­li­täts­sie­gel geschützt ist, bereits seit Mit­te des 18. Jahr­hun­derts wächst. Rund 50 Bäu­me von zwölf ver­schie­de­nen, in der Wach­au behei­ma­te­ten Sor­ten gibt es in dem alten und höchst­ge­le­ge­nen Maril­len­gar­ten der Regi­on. In klös­ter­li­cher Tra­di­ti­on ist er ein ursprüng­li­cher und nach­hal­ti­ger Natur­gar­ten, in dem Wert auf bio­lo­gi­sche Viel­falt gelegt und auf künst­li­che Dün­ger und Pflan­zen­schutz­mit­tel ver­zich­tet wird. Für die­ses natur­na­he Gärt­nern wur­de Stift Gött­weig wie­der­holt mit dem Gol­de­nen Igel von „Natur im Gar­ten“ ausgezeichnet.

Maril­len-Genuss
Besu­che­rin­nen und Besu­cher kön­nen den Nasch­gar­ten in der war­men Jah­res­zeit tags­über kos­ten­frei genie­ßen, Über­nach­tungs­gäs­te erhal­ten sogar einen Schlüs­sel zum Tor und haben so die Mög­lich­keit, einen früh­mor­gend­li­chen oder abend­li­chen Spa­zier­gang zwi­schen den Maril­len­bäu­men und Kräu­ter­bee­ten zu machen. Nasch­gar­ten ist übri­gens wört­lich zu neh­men – die süßen Früch­te im Maril­len­gar­ten dür­fen ver­kos­tet wer­den. Gro­ßen Genuss garan­tie­ren auch die Pro­duk­te, die gleich nach der Ern­te aus den Maril­len gemacht wer­den: Maril­len­nek­tar, Likör, Brand, Friz­zan­te, Mar­me­la­de und Scho­ko­la­de und nicht zu ver­ges­sen die köst­li­chen Maril­len­knö­del, die man im Stifts­re­stau­rant bei herr­li­chem Blick über die Wach­au ver­kos­ten kann. Eine gute Ern­te und die Qua­li­tät sind von vie­len Fak­to­ren abhän­gig und das Her­an­wach­sen der Maril­len wird meist mit viel Ban­gen beglei­tet. „Den ers­ten blü­hen­den Baum sehen wir Anfang April“, erzählt Pater Pius Nemes. „Kom­men dann noch­mals fros­ti­ge Näch­te, kann das die zar­ten Blü­ten zer­stö­ren.“ Spä­ter kön­nen Gewit­ter und Stür­me, aber auch Tro­cken­heit die Bäu­me und ihre Früch­te schä­di­gen. Manch­mal muss ein Total­aus­fall ver­kraf­tet wer­den. Ein­mal im Jahr­zehnt läuft alles so gut, dass die Äste mit Stan­gen gestützt wer­den, um nicht unter dem Gewicht der an ihnen hän­gen­den Maril­len zu brechen.

Wein­tra­di­ti­on
Neben dem Obst mit der sam­ti­gen Haut spielt der Wein­an­bau eine wesent­li­che Rol­le im Stift Gött­weig. Bereits bei der Grün­dung des Stif­tes 1083 durch Bischof Alt­mann von Pas­sau gehör­ten aus­ge­dehn­te Wein­gär­ten zum Stif­tungs­gut. Im Mit­tel­al­ter wur­de die Flä­che an Gött­wei­ger Rie­den nach und nach erwei­tert und ab 1500 wur­de Gött­wei­ger Wein nach Bay­ern, Salz­burg, Wien, Polen, Böh­men und Mäh­ren ver­kauft. Bis in die zwei­te Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts war der Wein­bau die Grund­la­ge für die Exis­tenz des Klos­ters. Welt­li­che Ange­stell­te erhiel­ten neben ihrem Lohn Wein als Bezah­lung – ein Schaf­hir­te ca. 60 Liter Gesin­de­wein, der Stifts­haupt­mann rund 1.700 Liter bes­ten Kon­v­ent­wein pro Jahr. Die groß­ar­ti­ge Umge­stal­tung des Stif­tes in der Barock­zeit unter Abt Gott­fried Bes­sel, wäre ohne die Ein­nah­men aus der Wein­wirt­schaft nicht mög­lich gewe­sen. Die­ser Abt war es auch, der exak­te Instruk­tio­nen für den Kel­ler­meis­ter und die Arbeit in den Wein­gär­ten mach­te und die Wein­pro­duk­ti­on auf eine neue Stu­fe hob. Wäh­rend sei­ner Amts­zeit wur­den mehr als 1,5 Mio. Liter Wein jähr­lich erzeugt. Allein bei dem mehr­tä­gi­gen Fest zum 50-jäh­ri­gen Pries­ter­ju­bi­lä­um von Abt Gott­fried Bes­sel, bei dem Kai­se­rin Maria The­re­sia und ihr Mann anwe­send waren, wur­den nahe­zu 9.000 Liter Wein kon­su­miert. Wobei die kai­ser­li­chen Hohei­ten nicht dazu bei­tru­gen, wie der dama­li­ge Pri­or Pater Gre­gor in sei­nem Tage­buch ver­merk­te: „weder der Kai­ser, noch die Kai­se­rin sind es gewohnt, Wein zu trinken“.
Heu­te pro­du­ziert die Wein­wirt­schaft des Stif­tes rund 800.000 Liter im Jahr. Das Wein­gut hat eine Reb­flä­che von 30 Hekt­ar, die sich unter­halb des Gött­wei­ger Ber­ges und am Pfaf­fen­berg west­lich von Stein an der Donau befin­den. Nach­hal­ti­ge Bewirt­schaf­tung, bei der die Böden auch immer wie­der jah­re­lan­ge Ruhe­pha­sen haben, ist den Bene­dik­ti­nern auch hier wich­tig und führ­te dazu, dass das Wein­gut 2020 vom Fal­staff Maga­zin zum „Win­zer des Jah­res“ aus­ge­zeich­net wurde.